9. Bezirk - Alsergrund
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Geschichte
1850 wurden sieben Vorstädte zusammengelegt und als eigener Bezirk nach Wien eingemeindet: Alservorstadt, Himmelpfortgrund, Lichtental, Thurygrund, Rossau, Althangrund sowie (als Herrschaftsgebiet) Michelbeuern. Anfangs trug Alsergrund die Bezirksnummer 8; seit der Teilung der Wieden 1861 ist er der 9. Bezirk.
1862 wurde die Grenze zur Josefstadt an die Alser Straße verlegt; der südliche Teil der Alservorstadt wechselte dadurch in den 8. Bezirk. Medizin & Universität prägen den Bezirk seit Jahrhunderten: 1784 eröffnete Kaiser Joseph II. das (alte) Allgemeine Krankenhaus; auf seinem Areal befindet sich heute der Campus der Universität Wien (Eröffnung 1998). Ein weiters beeindruckendes Gebäude ist der Franz-Josefs-Bahnhof , seine heutige Anlage entstand 1978 und wurde 2025 umfassend modernisiert.
Timeline
- 1784
- Eröffnung des Allgemeinen Krankenhauses (heute „Altes AKH“).
- 1850
- Bildung des Bezirks Alsergrund aus sieben Vorstädten.
- 1861/62
- die Bezirksnummer wird „IX“; Grenze zur Josefstadt verläuft seither entlang der Alser Straße.
- 1978
- Neuer Franz-Josefs-Bahnhof.
- 1998
- Eröffnung des Campus der Universität Wien im ehemaligen AKH.
- 2020–2022
- Der Narrenturm (Pathologisch-Anatomische Sammlung) ist nach Generalsanierung wieder zugänglich; Das Josephinum (Medizinhistorisches Museum) feiert seine Wiedereröffnung am 29.9.2022.
- 2025
- Die Modernisierung des Franz-Josefs-Bahnhof abgeschlossen; der Umbau am Julius-Tandler-Platz ist gestartet.
Bezirksteile, ehemalige Vorstädte
Der Bezirk Alsergrund wurde 1850 aus sieben Vorstädten gebildet.
Alservorstadt
Angrenzend an die Innere Stadt liegt "Alservorstadt", die 1861 einen Teil an den 8. Bezirk verlor. Der Bezirk wird durch das Alte AKH, in dem sich heute universitären Einrichtungen, der Campus und die Medizinische Universität Wien befinden, dominiert. Hier befinden sich auch das St. Anna Kinderspital und die Votivkirche. Ein Teil des Areals trug zwischen 1407 und 1768 den Riednamen "Fronbergen", manchmal auch "Fronbergen vor dem Schottentor", hier lagen überwiegend Weingärten. [1]
Schon im Mittelalter tauchten für die Vorstadt mehrere Namen auf: "Vor dem Schottentor auf dem Mist", Am Schottenberg", "Zu den Hofstätten", "Am Schottenbühel" oder auch "Unten den Fleischbänken vorm Schottentor". Die älteste Siedlung lag im Bereich der Als, gleich vor der der Stadtmauer, und war durch einen kleinen Wall geschützt.
Michelbeuern
Rechts neben der Alservorstadt liegt "Michelbeuern", dessen südlicher Teil fast gänzlich vom Neuen AKH eingenommen wird.
Himmelpfortgrund
Oberhalb davon liegt der "Himmelpfortgrund", der hauptsächlich mit Wohnhäusern besiedelt ist, auch das Sanatorium Hera steht hier.
Thurygrund
Der zentral und westlich gelegene "Thurygrund" ist zweigeteilt, er besteht ebenfalls hauptsächlich aus Wohngebiet.
Lichtental
Im "Lichtental" findet sich eine gleichnamige Pfarrkirche, an der Franz Schubert tätig war.
Althangrund
Der oberste, nordöstlich gelegene Bezirksteil, ist der "Althangrund", kurz: Althan. Hier finden sich öffentliche Einrichtungen wie der Franz-Josefs-Bahnhof, die ehemalige Wirtschaftsuniversität Wien, die BOKU (Universität für Bodenkultur) und das Bundesamtsgebäude Josef-Holaubek-Platz. Auch die Müllverbrennungsanlage Spittelau ist Teil von Althan.
Benannt wurde die Vorstadt nach Christoph Johann Graf Althan und seinem Sohn Gundacker, die hier schon 1685 ausgedehnte Besitzungen hatten. Das Schloss Althan (Palais am heutigen Areal des Franz-Josefs-Bahnhofes) wurde um 1700 errichtet. [2]
Rossau
Am Donaukanal gelegen findet sich letztlich die "Rossau", hier stehen die Rossauer Kaserne, das Servietenkloster im gleichnamigen Servietenviertel und - in der Seegassse - ein Jüdischer Friedhof.
Lage
Der Bezirk hat eine Fläche von 2,99 km², hier wohnen ~41.700 (2025) Menschen.
Die Grenzen des Bezirks verlaufen:
- im Westen/Nordwesten: 17., 18., Hernalser & Währinger Gürtel
- im Osten: 8., Donaukanal, Süden Maria-Theresien-/Universitäts-/Alser Straße
- im Norden: 19., Döbling
- im Süden: 1., Innere Stadt
Das Bezirkswappen
Das Bezirkswappen, das die Siegel der ehemaligen Vorstädte zeigt, wurde 1904 von Hugo Gerard Ströhl entworfen.
- Michelbeuerngrund: links oben sieht man heute, auf rot-blauem Hintergrund, die Flügel des Erzengels Michael, bis 1986 befand sich hier ebenfalls eine Elster, sie wurde entfernt, um die heraldische Sauberkeit herzustellen. Die Flügel zierten einst das Wappen des ursprünglichen Grundherren, die "Abtei Michelbeuern".
- Himmelpfortgrund: Oben in der Mitte ist ein Osterlamm mit Standarte (Kreuzfahne) zu sehen. die Abbildung ist angelehnt an das Siegel der Grundherren des Himmelpfortklosters
- Thury: In der rechten oberen Ecke findet sich eine Darstellung von Johannes dem Täufer, den Namenspatron des Gründers des Thurygrundes, Johann Thury. In seiner rechten Hand hält er ein Kirchenmodell, in der linken ein Kreuzpanier. Neben ihm steht ein Lamm.
- Alsergrund: Im Zentrum des Schildes ist der Namensgeber des Bezirks, die Alservorstadt, auch Alsergrund, zu sehen. Man sieht eine auf einem Ast sitzende Elster vor gelbem Grund. Die Elster steht mit der Als in Verbindung, der Fluss wurde umgangssprachlich auch Elster (Alster) genannt.
- Lichtental: Das linke Feld in der unteren Reihe zeigt ein sonnenbeschienenes Tal, an beiden Plateaus findet sich ein Haus. Es handelt sich also um ein "sprechendes" Bild.
- Althan: Der Hubertushirsch mit einem Kreuz im Geweih symbolisiert den obersten Hof- und Landjägermeister, Christoph Johann Graf Althan
- Roßau: Die Baumgruppe auf blauem Untergrund steht für die einstige Aulandschaft der Rossau.
Besondere Orte
- Votivkirche (Ringstraße, 1856–1879; 99 m hoch) – „Ringstraßendom“ am Rooseveltplatz.
- Sigmund-Freud-Museum, Berggasse 19 – Wohnung & Ordination Freuds (größte psychoanalytische Fachbibliothek Europas).
- Volksoper Wien, Währinger Straße 78 – Oper/Operette/Musical im 9. Bezirk.
- Campus der Universität Wien (Altes AKH) – großer Universitäts- und Parkcampus (Eröffnung 1998).
- Josephinum – Medizinhistorisches Museum mit berühmten anatomischen Wachsmodellen (Wiedereröffnung 2022).
- Narrenturm – Pathologisch-Anatomische Sammlung (NHM) in Europas ältestem erhaltenen Irrenturm.
- Gartenpalais Liechtenstein – barockes Stadtpalais mit Prunkräumen & Park.
- Strudlhofstiege – ikonische Jugendstil-Stiegenanlage, literarisch verewigt von Heimito von Doderer.
- Franz-Josefs-Bahnhof / Althan-Quartier – modernisiertes Bahn- & Stadtentwicklungsareal am Julius-Tandler-Platz.
Bekannte Persönlichkeiten
- Sigmund Freud – lebte & arbeitete 47 Jahre in der Berggasse 19 (heute ein Museum).
- Franz Schubert – geboren am Himmelpfortgrund (Nußdorfer Straße 54); getauft und musikalisch aktiv in der Lichtentaler Pfarrkirche („Schubertkirche“).
- Ludwig van Beethoven – verstarb 1827 im Schwarzspanierhaus, Schwarzspanierstraße 15.
- Arthur Schnitzler – Arzt am Allgemeinen Krankenhaus (Alsergrund), bevor er sich ganz dem Schreiben widmete.
- Victor Adler – Freuds Hausvorgänger am Standort Berggasse 19; einer der bedeutendsten Politiker der Ersten Republik.
Bezirksvorsteher
Seit der Eingemeindung zu Wien hatte der 9. Bezirk 17 Bezirksvorsteher: [3]
| von | bis | Bezirksvorsteher |
|---|---|---|
| 1862 | 1889 | Ignaz Gerstle |
| 1889 | 1897 | Franz Löblich |
| 1897 | 1903 | Josef Schwanzar |
| 1902 | 1919 | Josef Stary |
| 1919 | 1934 | Josef Schober |
| 1934 | 1938 | Franz Erban |
| 1945 | 1946 | Heinrich Hart |
| 1946 | 1950 | Johann Rajnoha |
| 1950 | 1954 | Rudolf Wohlmuth |
| 1954 | 1959 | Johann Rajnoha |
| 1959 | 1964 | Roman Köchl |
| 1964 | 1964 | Dr. Franz Bauer |
| 1964 | 1969 | Roman Köchl |
| 1969 | 1979 | Karl Schmiedbauer |
| 1978 | 1991 | Wolfgang Schmied |
| 1991 | 2003 | Hans Benke |
| 2003 | 2018 | Martina Malyar |
| 2018 | laufend | Saya Ahmad |
Geschichte des Bezirks im Detail [4]
Römerzeit und frühes Mittelalter
In der Römerzeit führte der Limes durch den Alsergrund, bei Ausgrabungen fand man Reste römischer Straßen, einer Lagervorstadt, aber auch einige Votivsteine und Altäre.
Um das Jahr 800 besiedelten bayrische Kolonisten den Bereich rund um die Als, erste Kirchensiedlungen (wie St. Johann) wurden entlang des Limes gegründet. Im Jahr 1072 ist die Errichtung der Benediktinerabtei St. Michael zu Beuern ("Michelbeuern") belegt.
Hoch- und Spätmittelalter
Ein erstes Spital und eine Kirche auf einem Hügel rechts der Als wurden bereits im Hochmittelalter errichtet, rasch bürgerte sich der Name "Siechenals" ein. Das Schottenstift erhielt von Heinrich der II. Jasomirgott die Grundherrschaft über das Gebiet vom Tiefen Graben bis zur Als, die Mönche betrieben hier regen Weinbau, sie wohnten im Maria-Magdalen-Kloster und im Neuburgerhof des Stifts Klosterneuburg.
Auch in dem Bereich, in dem heute der Donaukanal verläuft, begann eine Verbauung, hier entstand ein Fischerdorf mit einer kleinen Kirche, die 1255 unter dem Namen "St. Johann im Werd" erwähnt wird. Das Dorf brannte 1276 vollständig ab, als ein Lössofen für die Ziegelerzeugung in Feuer aufging; das Feuer griff auch auf die "Stadt" über und vernichtete nahezu alles, nur 150 Häuser blieben damals unversehrt.
Zwischen 1477 und 1485 belagerte schließlich der Ungarnkönig Matthias Corvinus das wiederaufgebaute Fischerdorf und eroberte schließlich 1486 Wien.
Frühe Neuzeit
1529 rückte Süleyman II. gegen Wien vor. Um den Türken keine Möglichkeit der Deckung zu geben, brannte Wien seine Vorstädte ab, auch der Alsergrund blieb davon nicht verschont: das Maria-Magdalena-Kloster, der Klosterneuburger Hof, die Kirche St. Johann im Werd, sowie die Kirche und das Lazarett von Siechenals mit dem gleichnamigen Dorf wurden dabei vernichtet.
1538 begann der Wiederaufbau Wiens, um die Stadt wurde ein Glacis errichtet, dem das alte Fischerdorf zum Opfer fiel. Am ehemaligen Areal des Klosters wurden Weingärten und neue Straßenzüge angelegt,das Lazarett und die Kirche wurden wieder aufgebaut. Am Donaukanal siedelten sich nun Glashütten an.
Im Laufe des 17. Jahrhunderts besiedelten wohlhabende Bürger und Adlige von Wien das Gebiet, es wurden Zweitwohnsitze (Sommerpalais) erbaut. Vor allem entstand hier aber ein Zentrum von Spitälern: statt dem alten Siechenhaus entstand rund um die Kirche ein Lazarett.
Zwei große Ereignisse sorgten schließlich wieder für eine Zerstörung, 1678 wurde die Pest aus Ungarn eingeschleppt und sorgte dafür, dass 64.000 Tote am Alsergrund begraben werden mussten, 1683 belagerten die Türken abermals Wien und wieder brannten die Wiener ihre Vorstädte nieder.
Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Vorstädte wieder aufgebaut, es entstanden Prachtbauten wie die niederösterreichischen Landschaftsakademie, ein Soldatenspital (später Altes AKH) und das Klosters der Trinitarier (Weißspanier). 1704 wurde zum Schutz der Bevölkerung der Linienwall errichtet.
Das 18. Jahrhundert
Im nun geschützten Bereich entwickelte sich neues Leben, im südlichen Bereich des heutigen Bezirks siedelten sich vor allem Adelige mit ihren Palais an, im nördlichen Bereich entwickelte sich ein Zentrum für die Krankenversorgung. Dazwischen lagen Felder, Wirtshäuser und Werkstätten. Auch Kirchen wurden neu erbaut, wie die Kirche „Santa Maria de Mercede“, die Lichtentaler Pfarrkirche und die Servitenkirche. Das Schwarzspanierkloster entstand an anderer Stelle neu.
Johann Adam Andreas Fürst von Liechtenstein errichtete in der Rossau ein großes Palais, das spätere Liechtenstein Museum, und gründete die Grundherrschaft "Lichtental". Weiters verkaufte Gundacker Althan 1713 sein Palais und das umliegende Land an die Stadt, es entwickelte sich die Vorstadt Althangrund.
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Quellen
- ↑ Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 2. Kremayr & Scheriau, Wien 1992, S. 424
- ↑ Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 1., Kremayr & Scheriau, Wien 1992, S. 69
- ↑ Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 1., Kremayr & Scheriau, Wien 1992, S. 61
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Alsergrund