1237: Wien wird eine Freistadt

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Geschichte Wiens
1237: Wien wird Freistadt


Wien wird zur freien Reichsstadt

Wien im Jänner 1237: kalte Luft über dem Hohen Markt, dichtes Gedränge vor den Stadttoren – und mittendrin der gewaltige Zug Kaiser Friedrichs II., der gerade in eine Stadt einzieht, die sich vom eigenen Landesherrn abgewandt hat. Der Babenberger-Herzog Friedrich „der Streitbare“ war im Juni 1236 vom Kaiser geächtet worden; nun verlegt der Kaiser sein Hoflager für mehrere Monate nach Wien. Für die Bürger ist das teuer – aber plötzlich liegt das politische Zentrum des Reichs an der Donau.

Im Februar 1237 hebt der Kaiser das Spektakel auf die Spitze: In Wien lassen die Fürsten seinen noch achtjährigen Sohn Konrad wählen – ein Hoftag macht die Stadt zur Bühne der Reichspolitik. Eine Krönung findet nicht statt, doch der Titel „in romanorum regem electus“ ist gesetzt und die Botschaft klar: Wien ist kaiserliche Schaltstelle.

Im April 1237 folgt der formale Schritt: Wien wird zur kaiserlichen Stadt (faktisch „freie Reichsstadt“) erklärt – nicht mehr dem Herzog unterstellt, sondern unmittelbar dem Kaiser. Das bedeutete mehr Eigenständigkeit und direkten Schutz des Herrschers; rechtlich orientierte man sich an den bekannten Modellen der Reichsstädte. In der Wiener Kanzleipraxis dieser Monate entstehen Urkunden, die Markt-, Steuer- und Verwaltungsfragen regeln – die Stadt beginnt, sich wie eine Hauptstadt auf Zeit zu benehmen.

Doch die Episode bleibt kurz. 1239 kommt es zur politischen Versöhnung zwischen Kaiser und Herzog; Wien fällt aus der Reichsunmittelbarkeit zurück in die landesfürstliche Hand. Dauerhafte Spuren bleiben trotzdem: 1244 bestätigt und erweitert Herzog Friedrich die Wiener Stadtrechte – vieles, was unter kaiserlicher Ägide erprobt wurde, fließt nun in landesfürstliche Privilegien ein.

So endet ein waghalsiges Experiment mit einem pragmatischen Kompromiss – und Wien nimmt aus zwei kaiserlichen Jahren einen kräftigen Schub Selbstbewusstsein mit.