1276: Belagerung durch Rudolf I

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Geschichte Wiens
1276: Belagerung durch Rudolf I.
Nach dem Aussterben der Babenberger (1246) hatte der böhmische König Ottokar II. Přemysl große Teile Österreichs, der Steiermark und Kärntens unter seine Herrschaft gebracht. 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum deutschen König gewählt – gegen Ottokars Einfluss. Rudolf beanspruchte die österreichischen Herzogtümer als Reichslehen und forderte Ottokar zur Unterwerfung auf.


Kurzüberblick

  • Zeitraum: Spätsommer–Herbst 1276; Vertrag im November 1276
  • Ort: Wien und Umland
  • Akteure/Heere: Reichsheer Rudolfs I. (mit süd‑ und ost­deutschen Kontingenten, Verbündete aus Ungarn) vs. Ottokars Kräfte (Böhmen/Mähren, Anhänger in Österreich)
  • Ergebnis: Unterwerfung Ottokars; Vertrag von Wien – Abtretung von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain; Rückgabe Böhmens und Mährens als Reichs­lehen an Ottokar
  • Folgen: Habsburgischer Zugriff auf Österreich bereitet die dauerhafte Hausmacht vor; Eskalation folgt erneut 1278 (Schlacht auf dem Marchfeld)

Hintergrund

Seit 1251/52 beherrscht Ottokar II. Österreich und erweitert seine Macht bis an Adria und Ostalpen. Mit Rudolfs Königswahl 1273 geraten diese Erwerbungen unter reichsrechtlichen Vorbehalt. Reichstage, Urteile und Bannandrohung münden in die Entscheidungssuche – 1276 richtet Rudolf seinen Blick auf Wien, Ottokars Schlüssel‑ und Aufenthaltsstadt.

Anrücken & Einschließen. Die Felder rund um Wien füllen sich mit Bannern und Zelten. Rudolfs Verbände sichern die großen Zufahrten, schlagen Stege an Donauarmen, beziehen Warten auf den Höhen. Reiterzüge streifen die Umgebung, stören Botenwege und Zufuhr. In der Stadt rüstet man die Tore, füllt Zisternen, legt Korn und Salz an – der Rat koordiniert mit den herzoglichen Amtleuten.

Druck auf die Versorgung. Tage werden zu Wochen. Vor den Wällen stehen Wachen, nachts lodern Feuer. Rudolfs Leute halten Märkte außerhalb der Mauer geschlossen, Kontrollposten schneiden einzelne Handelszüge ab. Die Preise steigen; im Umland suchen Bauern Schutz bei geistlichen Höfen.

Signale & Gesandte. Zwischen den Lagern reiten Boten. Geistliche und angesehene Ratsherren vermitteln. Rudolf lässt die Reichsrechte beschwören, Ottokar pocht auf altes Besitzrecht und Treue seiner Länder. Zugleich mehren sich im österreichischen Adel Stimmen, die einen Ausgleich mit Rudolf fordern.

Machtprobe & Nachgeben. Ein Ausfall testet die Linien – kurz gelingt es, Belagerungsgerät zu verbrennen, doch die Umklammerung bleibt. Nachrichten von abfallenden Verbündeten erreichen Ottokars Lager. Der politische Boden unter seinen Füßen wird schmal. Schließlich akzeptiert er die Bedingungen: persönliche Huldigung, Verzicht auf die strittigen Länder.

Unterwerfung & Vertrag. In einer feierlichen Handlung leistet Ottokar II. Rudolf Genugtuung. Im November 1276 wird der "Vertrag von Wien" fixiert: Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain fallen an die Reichsgewalt (und gehen an Rudolfs Verfügung), Böhmen und Mähren erhält Ottokar als Reichs­lehen zurück. Die Belagerung endet – Wien atmet auf, doch die Rivalität ist nicht zu Ende.

Kräfte & Taktik

  • Blockade statt Sturm: Rudolf setzt auf Einschließung, Zufuhrkontrolle und politischen Druck.
  • Bewegliche Reiterzüge stören Kommunikation und Nachschub in weitem Radius.
  • Städtische Resilienz: Tore, Gräben und Vorräte sichern die Durchhaltefähigkeit; Rat und kirchliche Einrichtungen tragen Logistik.

Ergebnis & Nachwirkungen

  • Politische Wende: Ottokars Unterwerfung und der Vertrag von Wien schwächen seinen Anspruch auf Österreich entscheidend.
  • Weichenstellung: Der Weg zur habsburgischen Etablierung in den österreichischen Ländern ist geöffnet (formale Belehnung 1282 bereits im Blick Rudolfs Dynastiepolitik).
  • Fortsetzung des Konflikts: Die Rivalität kulminiert erneut in der Schlacht auf dem Marchfeld.

Zeitleiste 1273–1278

  • 1273: Wahl Rudolfs I. – Infragestellung von Ottokars Erwerbungen.
  • 1274–1276: Reichstage, Bannandrohung, formelle Anordnungen gegen Ottokar.
  • 18. Oktober – 25. November 1276: Belagerung Wiens; Unterwerfung und Vertrag von Wien (November).
  • 1278: Entscheidung im Marchfeld – Tod Ottokars II. und Durchbruch der habsburgischen Hausmacht.

Bedeutung für Wien

Die Belagerung von 1276 zeigt Wien als Bühne reichspolitischer Macht. Mit dem Vertrag verschiebt sich die Oberhoheit – die Stadt bleibt Verwaltungs‑ und Wirtschafts­zentrum, nun im Horizont habsburgischer Ordnung. Die folgenden Jahrzehnte (Dom‑Bau, Universitätsgründung) fußen auf der in dieser Wende stabilisierten Herrschaft.



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