Möbel der Postsparkasse

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Wiener Moderne
Möbel der Postsparkasse
Möbel der Postsparkasse sind jene Sitzmöbel und Einrichtungsgegenstände, die Otto Wagner eigens für das k.k. Postsparcassen-Amt am Georg-Coch-Platz 2 entworfen hat. Sie gelten als Ikonen der Wiener Moderne und zeigen, wie konsequent Wagner Architektur, Innenraum, Technik und Mobiliar als Gesamtkonzept dachte.[1][2]


Entwurf und Konzept

Otto Wagner plante die Postsparkasse nicht nur als Baukörper, sondern als vollständiges Ensemble: Vom Glasziegelboden der Kassenhalle über Wandverkleidungen und Heizkörper bis zu Lampen, Türgriffen, Schaltern und Schreibtischen sollte alles einem klaren, funktionalen Gestaltungsprinzip folgen und zugleich robust, reparierbar und dauerhaft sein.[3][4]

Das Mobiliar der Büros und der großen Kassenhalle folgt denselben Grundideen wie die Architektur: möglichst einfache, industrielle Herstellung, gute Reinigbarkeit, sparsamer Materialeinsatz und eine Gestaltung, die ohne überflüssigen Dekor auskommt. Bugholz-Konstruktionen aus gebeizter Buche, gelochte Sitzflächen, Aluminiummanschetten an besonders beanspruchten Stellen und klar gefasste Linien übersetzen Wagners Architekturprinzipien direkt in Möbelstücke.[5]

Stuhl für die Österreichische Postsparkasse

Zu den bekanntesten Stücken zählt der einfache Stuhl für die Österreichische Postsparkasse, ein Bugholzstuhl aus dunkel gebeizter Buche mit gelochter Sperrholz-Sitzfläche. Entworfen um 1902, wurde er zwischen 1904 und 1906 für die Arbeitstische im Bereich der internen Manipulation eingesetzt und von den Gebrüdern Thonet sowie von J. & J. Kohn hergestellt.[6][7]

Die Form ist radikal reduziert: Vier Beine aus gebogenem Buchenholz, ein leicht gebogener Rücken und eine runde, gelochte Sitzfläche. Die Perforation vermindert das Gewicht, sorgt für Belüftung und erleichtert die Reinigung – die gleiche Logik wie bei den Glasziegeln im Boden und den Aluminiumdetails der Kassenhalle.[8]

Armlehnstuhl Modell Nr. 6516

Noch stärker mit dem Haus verbunden ist der Armlehnstuhl Modell Nr. 6516, ein gebogener Buchenholzstuhl mit gelochter Sitzfläche und markanten Aluminiumverstärkungen an Füßen und Armlehnen. Der Sessel wurde 1906 für Besprechungsräume und höher gestellte Angestellte entworfen; die Ausführung übernahm ebenfalls Thonet.[9][10]

Die Aluminium-Manschetten schützen die am stärksten beanspruchten Stellen vor Abnutzung und unterstreichen zugleich den technischen Charakter des Gebäudes. Varianten des Sessels und anderer Sitzmöbel erlaubten es, im Mobiliar subtil die Hierarchie der Bediensteten abzubilden, ohne auf üppige Repräsentationsformen zurückzugreifen.[11]

Serienfertigung und Re-Editionen

Mehrere Typen der Postsparkassen-Möbel sind heute in Museumssammlungen vertreten, unter anderem im Leopold Museum in Wien und im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.[12][13] Sie gelten als frühe Beispiele für serienfähige, auf rationelle Arbeitssituationen zugeschnittene Sitzmöbel der Moderne.

Gebrüder Thonet Vienna (GTV) bietet bis heute Neuauflagen des Programms an, etwa den Postsparkasse-Stuhl und den Postsparkasse-Armlehnstuhl, die sich eng an die historischen Modelle anlehnen und als Neuinterpretation klassischer Wiener Moderne vermarktet werden.[14][15] Damit lebt die Gestaltung der Möbel weit über das Gebäude hinaus weiter, sowohl in zeitgenössischen Interieurs als auch in der Designgeschichte.

Steckbrief

Steckbrief: Sitzmöbel der Postsparkasse
Typen Stuhl für die Österreichische Postsparkasse (ohne Armlehnen), Armlehnstuhl Modell Nr. 6516, weitere Stuhl- und Hocker-Varianten
Entwurf ab 1902, Ausführung 1904–1906
Gestaltung Bugholz-Konstruktion aus gebeizter Buche, gelochte Sperrholz-Sitzflächen, Aluminiumverstärkungen an stark beanspruchten Stellen
Hersteller Gebrüder Thonet, teils J. & J. Kohn
Funktion Bestuhlung der Großraumbüros, Schalterhalle und Besprechungsräume; abgestufte Varianten spiegeln die Hierarchie der Bediensteten
Erhaltung / Re-Edition Originalstücke in Museumsbeständen; Neuauflagen durch Gebrüder Thonet Vienna (GTV) als Serie „Postsparkasse“

Bildimpressionen

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Quellen