Renaissance in Wien
Aus City ABC
Renaissance in Wien – Klassik statt Spitzbogen: Um 1500–1600 zieht mit Habsburgs Hof die Antike ein – als Säulen, Rundbögen, Sgraffiti und Arkadenhöfe. Vieles wurde später barock „überkleidet“ – die Renaissance steckt noch da: in Toren, Höfen und Festungsresten.
Zeitlicher Rahmen: In Wien setzte die Renaissance relativ spät ein, etwa ab der Mitte des 16. Jahrhunderts. Sie wurde vor allem durch italienische Baumeister, Künstler und den Austausch über den Hof eingeführt.
Kurzüberblick
| Wann? | Wer baut? | Was sieht man heute? |
|---|---|---|
| ca. 1520–1620 | Hof (Ferdinand I., Maximilian II.), Adel, Stadt, Stifte | Stallburg (Arkadenhof), Schweizertor (Hofburg), Palais Niederösterreich (Landhaushof), Palais Porcia (Herrengasse), Schloss Neugebäude (Simmering), Portale & Sgraffiti in der Altstadt |
- Einfluss italienischer Künstler: Besonders Baumeister aus Norditalien (z. B. Pietro Ferrabosco, Pietro de Pomis) wirkten in Wien.
- Kulturelles Leben: Musik und Wissenschaft blühten. Am Wiener Hof wirkte etwa der berühmte Komponist Orlando di Lasso zeitweise.
- Die Universität Wien nahm Renaissance-Humanismus stark auf.
Orte & Bauten (Auswahl, kurz erzählt)
- Stallburg (Hofburg): Dreigeschoßiger Arkadenhof – pures Renaissance-Gefühl im Herzen der Stadt; später Teil der Spanischen Hofreitschule.
- Schweizertor (1550er): Prunkportal Ferdinands I. – Rustika, Wappenkartuschen, lateinische Devise: die Antike spricht am Hof.
- Palais Niederösterreich (ehem. Landhaus, Herrengasse): Der Innenhof mit Laubengängen ist ein Musterbuch der Wiener Renaissance.
- Palais Porcia (Herrengasse): Frühes Stadtpalais mit klassischer Gliederung – einer der klarsten Renaissance-Auftritte der Innenstadt.
- Schloss Neugebäude (11., Simmering): Großes Lustschloss Maximilians II., manieristische Anlage – heute Ruine/Veranstaltungsort, aber als Renaissance-Idee eindrucksvoll.
- Altstadt-Portale & Höfe: In Gassen wie Bäckerstraße, Heiligenkreuzerhof & Umgebung blitzen Sgraffiti, Rundbogenportale und Arkadengänge auf – Renaissance im Alltag.
Stadtmauer 2.0 – Bastionen & Glacis
Nach 1529 (Erste Türkenbelagerung) rüstet Wien um: italienische Bastionärbefestigung mit breitem Glacis statt mittelalterlicher Ringmauer. Diese Renaissance-Festung prägt bis ins 19. Jh. den Stadtgrundriss – die spätere Ringstraße steht auf ihrem Freiraum. → Stadtmauer
Renaissance erkennen – die 5-Sekunden-Checkliste
| Gotik (davor) | Renaissance (Wien) | Barock (danach) |
|---|---|---|
| Spitzbogen, Strebewerk, Maßwerk | Rundbogen & Rechteckfenster, Symmetrie, Säulen/ Pilaster, Gesimse, Arkadenhöfe, Sgraffito | Schwung, Kurven, Giebel, kräftige Plastizität, große Treppen & Foyers |
Warum gerade dann? (Kontext)
- Hof & Humanismus: Habsburgs Kaiserhof saugt italienische Formen an; Sammlungen, Garten- und Lusthauskultur entstehen.
- Konfession & Alltag: Reformation → Das konfessionelle Zeitalter; Bauherren reagieren (Schulen, Kollegien, Spitäler).
- Sicherheit: Nach 1529 wird gebaut, gebastioniert, modernisiert – Renaissance heißt auch „neue Stadttechnik“.
Spaziergang (60–90 Minuten)
- Hofburg: Schweizertor → durch die Stallburg (Arkaden) → Spanische Hofreitschule.
- Herrengasse: Palais Niederösterreich (Innenhof) → Palais Porcia.
- Altstadt-Gassen: Heiligenkreuzerhof/Bäckerstraße – Portale & Sgraffiti suchen.
- Ausflug Simmering: Schloss Neugebäude – die große, stille Renaissance.
Mini-Zeitleiste
| Zeit | Europa | zeitgleich in Wien |
|---|---|---|
| 1529 | Türkenbelagerung | Beginn der Bastionierung; Stadtumbau startet |
| 1550er–1560er | Hofkultur & Humanismus | Schweizertor entsteht; Stallburg im Ausbau |
| 1569–1576 | – | Bauphase Schloss Neugebäude |
| 1600–1620 | Spätrenaissance/Mannerismus | Stadtpalais & Höfe; bald Barock-Aufbruch |
Mythentrennung (kurz & freundlich)
| Behauptung | Was stimmt? |
|---|---|
| „Wien hat keine Renaissance – nur Barock.“ | Doch. Viele Renaissance-Bauten sind überformt, aber klar erkennbar (Stallburg, Schweizertor, Landhaushof, Neugebäude). |
| „Die Bastionen waren mittelalterlich.“ | Nein – das bastionäre System ist eine Renaissance-Erfindung der Militärarchitektur. |
| „Neugebäude = frühes Schönbrunn.“ | Nein. Eigenständiges Lustschloss des 16. Jh., ganz anderer Plan & Stil. |
Überblick zu Renaissance-Bauten
Renaissance-Bauten in Wien
Schweizerhof, Hofburg
Ältester Teil der Hofburg, Umbauten ab 1552. Arkadenhof und Renaissance-Fassaden.
Ältester Teil der Hofburg, Umbauten ab 1552. Arkadenhof und Renaissance-Fassaden.
Amalienburg, Hofburg
Ende 16. Jh. für Erzherzogin Amalie. Renaissancegiebel und markanter Turm.
Ende 16. Jh. für Erzherzogin Amalie. Renaissancegiebel und markanter Turm.
Neugebäude (Simmering)
Schlossanlage Kaiser Maximilians II. (ab 1569), inspiriert von der Alhambra. Heute Ruine.
Schlossanlage Kaiser Maximilians II. (ab 1569), inspiriert von der Alhambra. Heute Ruine.
Jesuitenkolleg-Hof
Renaissance-Arkadenhof beim Jesuitenkomplex (heute Universitätsgebäude, Dr.-Ignaz-Seipel-Platz).
Renaissance-Arkadenhof beim Jesuitenkomplex (heute Universitätsgebäude, Dr.-Ignaz-Seipel-Platz).
Palais Porcia (Herrengasse)
Erbaut 1546–1547. Frühes Renaissance-Palais mit Arkadenhof und Rustika-Fassade.
Erbaut 1546–1547. Frühes Renaissance-Palais mit Arkadenhof und Rustika-Fassade.
Palais Pálffy (Josefsplatz)
Renaissancekern aus dem 16. Jh., später barockisiert. Arkadenhof-Reste erkennbar.
Renaissancekern aus dem 16. Jh., später barockisiert. Arkadenhof-Reste erkennbar.
Stephansdom – Epitaphien
Zahlreiche Renaissance-Grabmäler des 16. Jh., mit Wappen und antiken Motiven.
Zahlreiche Renaissance-Grabmäler des 16. Jh., mit Wappen und antiken Motiven.
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