Die Laterne, die zweimal flackert

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Sagen und Legenden
Die Laterne, die zweimal flackert


1., Innere Stadt Hofburg Schweizerhof Schweizer Tor · Burgkapelle · Schatzkammer

Relevante Orte: Hoflaterne am Brunnen des Schweizerhofs; Achse zum Schweizer Tor; Wegebezug zur Burgkapelle und Schatzkammer


Zwei kurze Flammenzüge

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Schweizertor mit Brunnen

In windstillen Nächten, wenn der Hof leer ist und nur Wasser am Brunnen leise spricht, will man sehen, wie die Laterne im Schweizerhof zweimal kurz aufglimmt. Nicht lang, nur zwei feine Stöße Licht – und dann wieder ruhiges Brennen. Ein Torwart erzählte, er habe in einer solchen Nacht nach dem Schloss am Schweizer Tor gesehen; als die Laterne zweimal flackerte, fiel im Portal eine Mörtelspur, die man am Morgen ausbesserte.

Ein anderer schwor, die Flamme zeichne zuweilen kleine Kreise, als nicke sie in Richtung Burgkapelle und dann zur Schatzkammer. Seit alters heißt es: Flackert die Laterne zweimal, will der Hof, dass jemand noch einmal prüft – Schlüssel, Kette, Kerze.

Skeptische sagen, es sei nur ein Luftzug in den Höfen, Druckwechsel in den Schächten, der die Flamme kurz hebt. Doch wer spät durch den Hof geht und die Laterne zweimal zuckt, bleibt unwillkürlich stehen und schaut, ob irgendwo eine Tür offensteht.

Ort: Brunnenzone des Schweizerhofs; Blickachsen zum Schweizer Tor und den Hoftrakten


Varianten der Erzählung: Zweifaches Flackern vor Fest- oder Wachtagen · ein dritter, ganz schwacher Zuck vor Allerseelen · die Flamme neigt sich erst zum Tor, dann zur Kapelle · skeptische Deutung: Thermik, Zugluft in Hofachsen, Gas-/Ölzug bei Wetterwechsel.

Historischer Hintergrund

Zur Einordnung: Der Schweizerhof ist ein geschlossener Hofraum mit Brunnen, Portal- und Gangzonen; Laternen reagierten (als Öl- oder später Gaslicht) empfindlich auf kleinste Druck- und Luftströmungen. In Höfen entstehen Thermiken und Querzüge, die kurze Flammenstöße verursachen können. Die Sage deutet diese Lichtersprache als stilles Zeichen für Aufmerksamkeit an Tor, Kapelle und Schatzkammer. [1]

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Quellen

  1. Hofburg-Topographie Schweizerhof/Schweizer Tor; Licht- und Lüftungstechnik in Hofräumen; Wiener Omenmotive zu »sprechenden« Lichtern.