Hitze in Wien

Aus City ABC

Hitze in Wien ist längst mehr als ein Sommerthema. Heißere Tage, tropische Nächte und längere Hitzewellen prägen das Stadtklima und stellen Stadtplanung, Gesundheitswesen und Bewohner:innen vor neue Herausforderungen. Wien reagiert mit einem Hitzeaktionsplan, mit Kühlungsmaßnahmen im öffentlichen Raum und mit naturbasierten Projekten, die die Stadt widerstandsfähiger machen; vgl. auch Klimawandelanpassung in Wien und Stadtökologie in Wien.

Was Hitze in Wien bedeutet

In der klimatologischen Statistik gelten Tage mit mindestens 30 Grad als Hitzetage, Nächte mit nicht unter 20 Grad werden als Tropennächte bezeichnet. Für Wien zeigen Auswertungen der Stadt, dass die Zahl der Hitzetage seit den 1950er-Jahren deutlich zugenommen hat und die Kurve seit den 1990er-Jahren steil ansteigt.[1] In den 1970er-Jahren waren Hitzetage noch selten; in den vergangenen Jahren wurden in manchen Sommern bereits mehr als 30 solcher Tage registriert.[2]

Noch belastender als die heißen Tage sind in Wien die tropischen Nächte. Offizielle Auswertungen zeigen, dass es im Zeitraum 1991 bis 2020 im Mittel gut 21 Tropennächte pro Jahr gab und in den Rekordjahren 2018 und 2019 jeweils mehr als 40 solcher Nächte auftraten.[3] Im Sommer 2024 wurden in der Inneren Stadt neue Rekordwerte gemessen, mit über 40 Tropennächten in nur einer Saison.[4]

Entwicklung der Hitzebelastung

Die Zahl der Hitzetage und Tropennächte in Wien hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Analysen der Stadt Wien und von Energie- und Klimafachstellen zeigen, dass Hitzetage, also Temperaturen über 30 Grad, inzwischen drei- bis viermal so häufig sind wie in den 1970er-Jahren.[5] Parallel dazu haben Tropennächte stark zugenommen, was die nächtliche Erholung erschwert. Stadtklima-Auswertungen im Rahmen des Wiener Hitzeaktionsplans bestätigen diesen Trend und betonen, dass auch die Dauer zusammenhängender Hitzewellen zunimmt.[6]

Untersuchungen von GeoSphere Austria und Forschungseinrichtungen wie der Universität für Bodenkultur Wien unterstreichen, dass das Phänomen der städtischen Wärmeinsel in dicht bebauten Vierteln zu besonders hohen Temperaturen führt. Im Vergleich zum Umland können hier mehrere Grad Unterschied auftreten.[7]

Gesundheitliche Folgen von Hitze

Hitze ist nicht nur ein Komfortproblem, sondern ein Gesundheitsrisiko. Österreichweite Auswertungen zeigen, dass es in Hitzesommern zu einer deutlichen Übersterblichkeit kommt. Für das Jahr 2018 weist die Gesundheitsagentur AGES beispielsweise mehrere hundert zusätzliche Todesfälle aus, die mit Hitze in Verbindung gebracht werden.[8] Besonders betroffen sind ältere Menschen, Personen mit chronischen Erkrankungen, Kleinkinder und Menschen, die in sehr dichten, wenig begrünten Stadtteilen leben.

Der Wiener Hitzeaktionsplan betont daher die gesundheitliche Vorsorge. Ziel ist es, die Bevölkerung rechtzeitig zu informieren, Gesundheitseinrichtungen auf Hitzewellen vorzubereiten und jenen Gruppen Schutz zu bieten, die sich selbst am wenigsten helfen können.[9]

Hitze in der gebauten Stadt

In Wien macht sich Hitze besonders in dicht bebauten Grätzeln bemerkbar. Enge Straßenschluchten, dunkle Oberflächen, wenig Bäume und versiegelte Innenhöfe verstärken die Aufheizung. Gleichzeitig kühlen solche Gebiete in der Nacht langsamer aus, wodurch Tropennächte häufiger werden. Studien zu Stadtklima und Hitzehotspots belegen, dass vor allem innere Bezirke und stark bebaute Teile der Gürtel- und Stadtrandzonen betroffen sind, während große Grünflächen, Gewässer und Parks für vergleichsweise kühlere Inseln sorgen.[10]

Forschungsprojekte zur urbanen Hitze – etwa Untersuchungen der GeoSphere Austria in Kooperation mit dem AIT – zeigen, dass naturbasierte Maßnahmen wie zusätzliche Bäume, neue Grünflächen und Entsiegelung die Hitzebelastung in dicht bebauten Gebieten deutlich senken können. Modellrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass sich lokal Temperaturabsenkungen von rund zwei Grad erreichen lassen und in Summe die Zahl der Hitzetage spürbar sinken kann.[11]

Der Wiener Hitzeaktionsplan

Um die Auswirkungen von Hitze systematisch zu verringern, hat Wien einen eigenen Hitzeaktionsplan erarbeitet. Er verfolgt das Ziel, die hohe Lebensqualität der Stadt zu sichern, gesundheitsförderliche Bedingungen zu schaffen und die Bevölkerung in die Lage zu versetzen, mit Hitzewellen umzugehen.[12] Der Plan legt vorausschauende Maßnahmen fest, die einerseits die Überhitzung der Stadt begrenzen und andererseits Informationen, Verhaltenshinweise und Unterstützungsangebote bereitstellen.

Der Hitzeaktionsplan verbindet kurzfristige Akutmaßnahmen mit langfristigen Anpassungsstrategien. Dazu gehören kühle Aufenthaltsorte im öffentlichen Raum, spezielle Regelungen und Leitfäden für Gesundheitseinrichtungen, die verstärkte Begrünung und Entsiegelung von Hitzehotspots sowie die Einbettung von Hitzeschutz in den Wiener Klimafahrplan und in die Smart-City-Strategie.[13]

Kühle Straßen, Nebelduschen und Cooling-Spots

Für Bewohner:innen ist Hitze vor allem dort spürbar, wo sie sich bewegen und aufhalten. Wien setzt deshalb auf sichtbare Kühlungsmaßnahmen im öffentlichen Raum. Unter dem Motto Cooles Wien wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Trinkbrunnen, Nebelduschen und Cooling-Spots eingerichtet. Die App Cooles Wien zeigt Trinkbrunnen, Parks, Wasserspielplätze, Nebelduschen, Bademöglichkeiten und andere Abkühlorte auf einer Karte an.[14]

Als Sommerspritzer oder Nebelduschen dienen hydrantenbasierte Anlagen, die einen feinen Wassernebel versprühen und dadurch die Umgebungstemperatur fühlbar senken. In der Stadt sind inzwischen mehrere hundert dieser Anlagen in Betrieb, die bei bestimmten Temperatur- und Wettersituationen aktiviert werden.[15] Ergänzend kommen Trinkbrunnen mit Sprühfunktion, sogenannte Brunnhildes, coole Stelen und kühle Zonen zum Einsatz, in denen Menschen sich für einige Stunden in klimatisierten oder besonders gut gekühlten Räumen aufhalten können.[16]

Ein weiterer Baustein sind umgestaltete Straßenräume. In kühlen Straßen werden Fahrspuren reduziert, Flächen entsiegelt, Bäume gepflanzt, helle Beläge verwendet und Sitzgelegenheiten geschaffen. Solche Sommergrätzl sollen die Hitzebelastung senken und gleichzeitig neue Aufenthaltsqualität bringen.[17]

Naturbasierte Maßnahmen und Stadtökologie

Viele Antworten auf Hitze sind naturbasiert. Bäume spenden Schatten, verdunstendes Wasser kühlt die Luft, durchlässige Böden speichern Niederschlagswasser und geben es langsam wieder ab. Der Wiener Grünflächen- und Regenwassermanagementfaktor, Leitfäden zur Dach- und Fassadenbegrünung sowie Projekte zur Entsiegelung von Plätzen und Höfen sind deshalb zentrale Instrumente der Klimawandelanpassung; vgl. Klimawandelanpassung in Wien. Analysen der Stadt und von Forschungseinrichtungen zeigen, dass grüne und blaue Infrastruktur – also Vegetation und Gewässer – zu den wirksamsten Strategien gegen urbanen Hitzestress zählen.[18]

Projekte wie Mini-Wälder, naturnah gestaltete Uferbereiche oder neue Parkanlagen verbinden Klimaschutz, Stadtökologie und Hitzeschutz. Sie schaffen Lebensräume für Tiere und Pflanzen und verbessern gleichzeitig das Mikroklima in der Umgebung; vgl. dazu Stadtökologie in Wien.

Information, Frühwarnung und Alltagstipps

Ein wichtiger Teil des Hitzeschutzes sind Information und Frühwarnung. Die Stadt Wien bündelt auf eigenen Portalen Hinweise auf bevorstehende Hitzewellen, gibt Verhaltenstipps und stellt Materialien für unterschiedliche Zielgruppen bereit – von Schulen über Pflegeeinrichtungen bis hin zu Betrieben.[19] Nationale Wetterdienste wie GeoSphere Austria liefern Prognosen, Warnungen und Hintergrundinformationen zum Klimawandel in Österreich und im Großraum Wien.[20]

Für den Alltag empfiehlt die Stadt, bei Hitze viel zu trinken, körperliche Anstrengungen in die Morgen- oder Abendstunden zu verlegen, Wohnräume zu beschatten, auf leichte Kleidung zu achten und besondere Rücksicht auf gefährdete Personen zu nehmen. Im gesundheitlichen Bereich werden Fachpersonal und Einrichtungen geschult, hitzebedingte Risiken früh zu erkennen und gezielt zu reagieren.[21]

Hitze in Wien bleibt ein zentrales Thema der nächsten Jahrzehnte. Wie gut die Stadt mit den Folgen umgehen kann, hängt davon ab, wie konsequent Klimaschutz, Klimawandelanpassung, Stadtökologie und soziale Maßnahmen zusammenspielen und wie aktiv die Bevölkerung bei der Umgestaltung der Stadt mitwirkt.

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Quellen

  1. Stadt Wien: Klimatologische Kenntage in Wien 1955 bis 2023, Darstellung der Entwicklung von Eis- und Hitzetagen, wien.gv.at/statistik.
  2. Wien Energie: Jährliche Hitzetage in Wien, Überblick über die Entwicklung, positionen.wienenergie.at.
  3. Stadt Wien: Folgen der Hitze für Wien, Daten zu Hitzetagen und Tropennächten, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.
  4. Berichte von ORF Wien und anderen Medien zu Rekord-Tropennächten 2024, basierend auf Daten der GeoSphere Austria, wien.orf.at und derstandard.at.
  5. Wien Energie: Jährliche Hitzetage in Wien, langfristige Entwicklung, positionen.wienenergie.at.
  6. Stadt Wien: Folgen der Hitze für Wien, Schwerpunkt Stadtklima und Hitzewellen, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.
  7. BOKU Wien: Projekte zu Hitze in der Stadt und städtischem Hitzestress im Großraum Wien, boku.ac.at.
  8. Klimadashboard Österreich: Temperatur und Gesundheit, Angaben der AGES zur hitzebedingten Übersterblichkeit, klimadashboard.at.
  9. Wiener Hitzeaktionsplan 2024, Ziele zur Sicherung der Lebensqualität und zur Verringerung hitzebedingter Gesundheitsbelastungen, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.
  10. Stadt Wien: Folgen der Hitze für Wien, Darstellung städtischer Hitzeinseln, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.
  11. GeoSphere Austria und AIT: Studien zu naturbasierten Maßnahmen gegen Hitzebelastung in Wien, geosphere.at und APA-Berichte.
  12. Wiener Hitzeaktionsplan 2024, Grundlagen und Ziele, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.
  13. Podcasts und Fachbeiträge zu Hitzeschutz in Wien, etwa der Gesundheit Österreich GmbH, goeg.at, sowie Dokumente zum Wiener Klimafahrplan.
  14. Stadt Wien und Partnerplattformen: Cooles Wien – App und Cooling-Offensive, wien.gv.at/cooleswien und wienzufuss.at.
  15. Wiener Gesundheitsverbund: Informationen zu Nebelduschen in Wien, wig.or.at.
  16. Stadt Wien: Cooling-Punkte und Maßnahmen gegen Hitzeinseln im Rahmen von Cooles Wien, smartcity.wien.gv.at.
  17. Berichte und Projektporträts zu kühlen Straßen und Sommergrätzln in Wien, smartcity.wien.gv.at und lokale Medienberichte.
  18. Stadt Wien: Berichte zum Grünflächen- und Regenwassermanagementfaktor, MA 22, sowie Strategien zu grüner und blauer Infrastruktur als naturbasierte Anpassung, wien.gv.at.
  19. Stadt Wien: Informationsplattform zum Wiener Hitzeaktionsplan mit Verhaltenstipps und Materialien, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.
  20. GeoSphere Austria: Klimaforschung und Klimadienstleistungen, geosphere.at.
  21. Wiener Hitzeaktionsplan 2024 und begleitende Informationsangebote, wien.gv.at/spezial/hitzeaktionsplan.